Aufgabenstellungen und Aufgabenkultur

Steuerung von Lernprozessen durch Aufgabenstellungen

Lernprozesse durch Aufgabenstellungen steuern Lernprozesse durch Aufgabenstellungen steuern

Ein Loblied auf Aufgaben. Vieles kommt und geht in der Didaktik, Aufgaben bleiben. Es gibt kein Lernen und kein Lehren ohne Aufgaben. Insofern können wir auf vieles verzichten, nur nicht auf Aufgaben.

„Vieles kommt und geht in der Didaktik, Aufgaben bleiben.“

Aufgaben dienen dem Lernen, Diagnostizieren, Fördern, Erkennen, Bewusstmachen, Wiederholen, Üben, Sichern, Festigen und Leisten (Bewerten). Aufgaben sind also „didaktische Alleskönner“. Arbeit mit Aufgaben in der Schule ist Kulturarbeit.

Arbeit mit Aufgaben als Kuturarbeit Arbeit mit Aufgaben als Kuturarbeit

Es lassen sich Aufgaben nach folgenden Funktionen unterscheiden.

  • Lernaufgaben zur Kompetenzentwicklung
  • Förderaufgaben zur Kompetenzförderung
  • Diagnoseaufgaben zum Kompetenzstand
  • Leistungsaufgaben zur Kompetenzmessung

Lehrkräfte, die Aufgaben einsetzen, müssen sich fragen: Weiß der Lerner, welche Funktion gerade ansteht?

Was unterscheidet Lernaufgaben von Leistungsaufgaben?

Lern- und Leistungsräume im Unterricht unterscheiden sich grundsätzlich: Im Lernraum geht es um die Aneignung von Wissen und Fertigkeiten sowie um deren (probeweise) Nutzung und Anwendung. Kurz: Es geht um Aufbau und Erweiterung von Kompetenzen. Daher sind im Lernraum Fehler „erlaubt“, ja sogar willkommen, denn Fehler können im Lernraum zum Weiterlernen nutzbar gemacht werden. Im Leistungsraum hingegen geht es um die bewertete Überprüfung der erworbenen Kompetenzen.

Aufgaben im Lernraum und im Leistungsraum Aufgaben im Lernraum und im Leistungsraum

Zwischen Lern- und Leistungssituationen muss unterschieden werden. Eine Vermischung hat für den Lernprozess unheilvolle Auswirkungen, weil beide unterschiedlichen psychologischen Gesetzmäßigkeiten unterliegen:

  • Wer sich in einer Lernsituation wähnt, will Neues lernen, Lücken schließen, etwas verstehen.
  • Wer sich in einer Leistungssituation wähnt, will Erfolge erzielen und Misserfolge vermeiden.

Daraus erwächst die Konsequenz, Lernsituationen und Leistungs(überprüfungs)situationen voneinander zu trennen und nicht miteinander zu vermischen.

„Erfolgreicher Unterricht braucht viele entspannte Gelegenheiten zum intensiven Lernen und genügend anspruchsvolle Leistungssituationen.“

Lernaufgaben bringen Schüler in Lernsituationen und nicht in Leistungssituationen. Schon Weinert (Weinert 1999, S. 33) forderte: „Erfolgreicher Unterricht braucht beides, und zwar im Bewusstsein der Schüler möglichst separiert: viele entspannte Gelegenheiten zum intensiven Lernen und genügend anspruchsvolle Leistungssituationen.“

Lernaufgaben zur Kompetenzentwicklung. Aufgabenstellungen sind eine entscheidende Stellgröße im Kompetenzentwicklungsprozess und berücksichtigen den individuellen Kompetenzstand der Lerner. Sie sollten binnendifferenziert, also gestuft und individualisiert gestaltet sein und passende Strategien beinhalten (z.B. Lesestrategien, Experimentierhilfen, ...).

Die Aufgabenstellungen sollten zudem angemessen fordernd sein, also hinreichend komplex, bedeutsam, authentisch, anspruchsvoll und an die Lerngruppe angepasst.

„Aufgaben sind didaktische Alleskönner.“

Aufgabenstellungen zielen auf ein auswertbares Lernprodukt ab (z.B. Flussdiagramm, Begriffsnetz, Verfahrensplan, Mindmap, Tabelle, Versuchsskizze, Verlaufsplan, Schema, Text, Organigramm, …).

Eine Lernaufgabe ist eine Lernumgebung zur Kompetenzentwicklung und steuert den Lernprozess durch eine Folge von gestuften Aufgabenstellungen mit entsprechenden Lernmaterialien.

Gute Lernaufgaben als Aufgaben in Lernsituationen im Fachunterricht haben folgende Merkmale:

  • entwickeln gezielt Kompetenzen
  • vermitteln Wissen in sinnstiftenden Kontexten
  • sind in eine motivierende Lernsituation mit passenden Sozialformen eingebettet
  • sind verständlich operational formuliert (Instruktionsqualität)
  • werden durch passende Materialien unterstützt
  • sind offen ohne beliebig zu sein
  • trauen etwas zu und fordern kalkuliert heraus (Anforderungsniveau)
  • sind binnendifferenziert und geben Hilfen
  • führen zu vielfältigen diskursiven Lernprodukten
  • dekontextualisieren das Gelernte.

Diagnoseaufgaben zum Kompetenzstand. Wer im Unterricht Kompetenzen entwickeln und fördern will muss wissen, wo die Lernenden stehen und welche weiteren Schritte lernförderlich sind, d.h. die Lehrkraft muss Diagnose betreiben. Das kann u.a. mit Aufgaben erfolgen.

„Wir können auf vieles verzichten, nur nicht auf Aufgaben.“

Diagnostiziert werden können: Kompetenzen, Lernschwierigkeiten, Lernprozesse, Interessen und Motivation, Schülervorstellungen, Fach- und Weltwissen, usw. Diagnose im Lernraum und im Leistungsraum müssen dabei unterschieden werden. Eine gute Diagnostik und Rückmeldung ist ermutigend, klärend, sprachsensibel, metareflexiv, selbstkorrigierend, lernfördernd.

Förderaufgaben zur Kompetenzförderung. Förderaufgaben basieren auf der vorangegangenen Diagnose und geben gezielt Rückmeldung zum Bearbeitungsprozess und zu den Ergebnissen. Förderaufgaben sind der Heterogenität der Lerngruppe geschuldet. Förderaufgaben berücksichtigen den jeweiligen Kompetenzstand des Lerners und fordern ihn kalkuliert heraus, d.h. die Aufgabenstellung der Förderaufgaben ist so gestaltet, dass der Lerner diese mit Anstrengung erfolgreich bearbeiten kann, aber nicht zwingend fehlerfrei. Die Fehler müssen jedoch zum Weiterlernen genutzt werden können.

Leistungsaufgaben zur Kompetenzmessung. In der Aufgabenkultur gibt es keine so lange Tradition wie bei den Leistungsaufgaben. Diese dienen der Bewertung von Lernerleistungen und geben Auskunft über den erreichten Kompetenzstand.

„Arbeit mit Aufgaben in der Schule ist Kulturarbeit.“

Gute Leistungsaufgaben im Fachunterricht haben folgende Merkmale:

  • überprüfen gezielt alle Kompetenzen
  • überprüfen Wissen dekontextualisiert und kontextualisiert
  • sind in eine ermutigende individuelle Leistungssituation eingebettet
  • sind gegliedert und verständlich mit bekannten Operatoren formuliert
  • gibt es in verschiedenen Formaten
  • sind weitgehend geschlossen mit offeneren Teilen
  • informieren über das Anspruchsniveau
  • geben in klassischen Formaten keine Hilfen
  • führen zu bewertbaren Leistungsprodukten
  • transferieren ggf. in einen neuen Kontext.